Lissabon und das zentralportugiesische Hinterland
… was für (k)ein Reisejahr … Ursprünglich hatten wir für den Mai Montenegro, für den August/September meine lang gewünschte Reise an die Westküste der USA geplant, zudem hatte ich auch Reise-Aufträge – und dann kam eben alles anders. Ich war froh als irgendwann klar war, dass wir wenigstens innerhalb Europas reisen können (wenn auch noch immer nicht nach Montenegro). Weil ich bereits 2 komplett geplante Reisen in der Schublade hatte, wollte ich keine Neue planen und wir entschieden uns für ein paar Tage chillen und einen Städtetrip nach Lissabon.
Eine Reise während der aktuellen Situation ist wohl immer irgendwie Fluch und Segen zugleich: wir profitierten von einem leeren Lissabon. Ich kann mir gut vorstellen, wie voll es sonst an den Sehenswürdigkeiten ist; der Guide sprach von etwa 20% touristischer Auslastung. Das hatte aber auch zum Nachteil, dass sowohl touristische Einrichtungen (Museen, Sehenswürdigkeiten etc.), aber auch Geschäfte geschlossen waren, vermutlich weil sich eine Öffnung ohne Touristen eben nicht lohnt.
Das erste Hotel, Cambeiros Guesthouse, erreichten wir nach einer wirklich abenteuerlichen Anreise – die letzten 2 km auf unbefestigter Buckelpiste im Hinterland, im Dunklen und ohne zu wissen, wo wir hin müssen. Aber es hat sich in jedem Fall gelohnt, denn das kleine Hotel war so wie gewünscht und vorgestellt: im Nichts, umgeben von Weinfeldern und Weiden.
Nur Rumliegen macht Liegestellen, daher mussten wir auch mal raus. Von hier aus etwas Interessantes zu machen, ist immer verbunden mit einer längeren Autofahrt. Ähnlich wie auch auf Sardinien waren die kleinen Orte dort im Hinterland wie ausgestorben, aber allemal schön anzusehen. Nicht vergleichbar mit Sardinien war hingegen die Landschaft in Zentralportugal: es gab nicht einen einzigen Fotostopp auf den Autofahrten, weil es einfach nichts Lohnendes zu fotografieren gab. Umso schneller sind wir an unseren Zielen angekommen:
Óbidos
Eine kleine Stadt umrahmt von einer Stadtmauer, die man auch noch begehen kann … wenn man es mag in schwindelerregender Höhe auf einem 1m breiten Kopfsteinpflasterweg ohne eine Art Geländer zu spazieren – ich nicht 😉 Tobbi musste rauf, während ich unten meine Ängste weggeatmet habe.
Praia Formosa und Praia da Peralta
Nach vier Tagen ging es für uns dann am Samstag zunächst nach Sintra. Dort haben wir uns TukTuk-Fahrten gegönnt – absolut gerechtfertigt, und trotzdem mussten wir auch noch ganz schön viel bergauf laufen – mache ich in etwa genauso gern, wie Radfahren… Ziele waren das Palácio Nacional da Pena und die kleine Altstadt.
Mit etwa 4x Verfahren auf den Autobahn-/Schnellbahn-Kreuzen um Lissabon sind wir zurück am Flughafen angekommen, um den Mietwagen abzugeben – es war klar, dass wir in Lissabon keinen brauchen werden. Mit einem Uber ging es am Samstag Abend dann ganz bequem, günstig und vermeintlich umweltbewusst (da E-Auto) ins The Optimistic Hotel. Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es nochmal bergauf: Aussichtspunkt Monte Agudo.
Balkonausblick und Ausblick vom Monte Agudo:
Für Sonntag hatte ich eine Tour über Sandemans New Europe gebucht. Eine absolute Empfehlung: die meisten Touren in vielen europäischen Städten sind kostenlos bzw. auf Trinkgeldbasis. Unser Guide hat uns an die wichtigsten Plätze der Innenstadt gebracht und hatte eine Menge zu erzählen und zu zeigen.
Unser erstes Ziel am Montag sollte Torre de Belém sein, von dort wollten wir dann zurück zur Brücke laufen. Beim Umstieg von der Metro in die Tram haben wir allerdings gesehen, wie schön die Wolken über dem Wasser hängen und uns spontan entschieden, direkt an der Brücke auszusteigen. Dort haben wir uns dann E-Roller ausgeliehen: statt zu Fuß zu gehen, ging es mit einer Ponystärke voran – das hat echt Spaß gemacht und auf dem Weg von der Brücke zum Torre de Belém (ca. 3km) wurde noch das ein oder andere Foto geschossen, z.B. vom MAAT sowie dem Denkmal für Seefahrer.
Es wurde Zeit einen Snack zu uns zu nehmen und wir machten uns auf zur LX Factory – steht in jedem Reiseführer: eine Ansammlung an alternativen Geschäften, Restaurants und Bars. Es war ziemlich leer und etwa die Hälfte der Läden war leider geschlossen. Für uns gab es unfassbar leckeren Cheesecake 🙂 Gut gestärkt ging es erneut zur Brücke, wir wollten noch einmal direkt darunter.
Und was macht er da neben mir?
So laut war es übrigens unter der Brücke:
Am Dienstag, unserem letzten vollen Tag, machten wir uns zu Fuß in den Stadtteil Alfama auf. Durch verwinkelte Gassen ging es auf und ab. Bis uns eine liebe Omi mit wild winkenden Armen zeigte, wir sollen in diese Richtung gehen – na gut! Gelandet sind wir auf dem Aussichtspunkt Miradouro da Graça, den wir eigentlich erst für den Sonnenuntergang angepeilt hatten.
Weiter ging es durch die Stadt, an die Orte, die unsere Markierungen im Reiseführer und Google Maps noch hergaben. Dazu gehörte unter anderem das Embaixada, ein etwas anderes Kaufhaus – steht auch in jedem Reiseführer, wäre jetzt aber keine Weiterempfehlung von uns. Außerdem durch den Bezirk Bairro Alto.
Am Abend sind wir dann nochmal zu dem Aussichtspunkt und schlossen unsere Reise hier ab.
Was gibt es sonst noch zu sagen:
Mit der berühmten Tram 28 zu fahren, steht natürlich auch in jedem Reiseführer – so sollte es sein. Wir sind gleich mehrmals gefahren, da die Bahn bis nah ans Hotel fuhr. Es hat wirklich Spaß gemacht. Aufgrund der wenigen Touristen konnten wir immer mitfahren, mussten nie dafür anstehen oder eine Bahn vorbei fahren lassen.
Wir waren übrigens 3x auf dem Time Out Market, eine Fressmeile 😉 Sonntag Mittag war es dort sehr voll, aber am Montag und Dienstag Abend wurden wir dort jeweils fündig, neben all den Pastel de nata, die wir bei jeder Gelegenheit in allen Teilen der Stadt genossen haben.
Im Gegensatz zu Barcelona fehlten mir in Lissabon so kleine unabhängige, alternative Läden. Es gab ganz viele Souvenirgeschäfte, aber das was mich eigentlich interessiert hat, war kaum zu finden. In einer der Gassen in Alfama fanden wir zufällig den den Shop Garbags. Der Verkäufer erzählte mir, dass die Nachbarn in der Umgebung Plastikmüll (Chipstüten, Schokoladenpapier, Hundefuttertüten, Waschmittelverpackungen etc.) im Laden abgeben. Dieser vermeintliche Müll, wird dann in einer Anlage gereinigt und an ein Frauengefängnis in Lissabon übergeben. Die Frauen dort verdienen Geld damit, dass sie aus diesen Kunststoffen die verschiedensten Sachen herstellen: Beutel, Geldbörsen, Taschen jeder Art… Diese werden dann in dem Shop in Lissabon und online verkauft. Weil sie wegen Corona noch so viel zu verarbeitendes Material haben, gabs im Shop Prozente und Tobbi hat sich direkt eine Tasche für den nächsten Angelurlaub mitgenommen.
Wir hatten uns die Lissabon-Card bei Ankunft am Flughafen gekauft. Sie umfasst kostenlosen Transfer im gesamten ÖPNV-Netz, sowie Eintritte und Vergünstigungen in Museen und Sehenswürdigkeiten. Letztlich hat sie sich für uns nicht gelohnt: Das, was wir uns doch gern auch von drinnen angeguckt hätten, war geschlossen. Das was geöffnet war, war nicht bei dieser Karte inkludiert. Für die Nutzung des ÖPNV-Netzes hätten uns auch normale Tageskarten gereicht.
Und abschließend:
Immer mal wieder gibt es Nachfragen, ob man nicht einzelne Bilder bekommen und drucken lassen könnte! Danke der Nachfragen, das ehrt den Herren! Daher jetzt hier nochmal ganz offiziell: Alle Bilder von Tobbi sind (ohne Text ;)) HIER online. Die Bilder können in Originalgröße runtergeladen und in den Druck gegeben werden. (Für Weiterverbreitung und gewerbliche Zwecke unterliegen sie der Creative Commons Lizenz). Wir freuen uns natürlich, wenn ihr uns sagt, wo die Bilder unserer Reisen hängen!